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Polizeigewerkschaften bis 1935

  1. Einleitung

  2. Kommentar der GdP
  3. 1882-1913
    Regionale Gründungen
  4. 1913-1915
    Berlin
  5. 1915-1918
    Preußen
  6. 1918
    Revolution
  7. 1920
    Kapp-Putsch
  8. 1919-1931
    Reichsgewerkschaft
  9. 1933
    Machtübernahme
  10. Ausblick nach 1935
  11. Fazit
  12. Chronologie
  13. Register
  14. Bibliographie

 

 

8 Die nationalsozialistische Machtübernahme 1933

Die Reichsgewerkschaft bemühte sich wie die meisten Verbände vorher um parteipolitische Neutralität. Das äußert sich auch in ihrer Zugehörigkeit zum Deutschen Beamtenbund.1 Einer der wenigen politischen Polizistenverbände war der Allgemeine Preußische Polizeibeamtenverband (Betnarek-Verband), der der Friedensbewegung und der SPD nahestand2. Wenn auch die anderen Verbände immer ihre Republiktreue betonten, so war doch nicht sicher, wie tief diese Einstellung in ihrer Basis verwurzelt war.3 Vor diesem Hintergrund spielte sich die Übernahme der Polizeigewerkschaft durch die Nazis ab.

Laut Gniesmer wurden im September 1933 die beiden Spitzenfunktionäre der Polizeigewerkschaft, der Sekretär Winkler und der Vorsitzende Schrader verhaftet und in Konzentrationslager gesperrt, wo Winkler später ermordet wurde. Über Schraders Schicksal gibt sein Enkel Wolfgang Klose genauer Auskunft: "Ernst Schrader war offiziell 'Schutzhäftling' im KZ Oranienburg vom 8.9.-18.12.1933. Er starb an einem Krebsleiden in Berlin am 16.7.1936." 4

Am 01.12.1933 löste sich unter politischem Druck der Verband auf. Das Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt und der nationalsozialistischen Berufsorganisation für Polizisten, dem Kameradschaftsbund Deutscher Polizeibeamter e.V. übergeben.5 Der Sitz der Vereinigung blieb der gleiche, und auch die gesamte Organisation wurde von den Faschisten übernommen. Während die ehrenamtlichen Funktionäre des Polizeiverbandes beinahe alle mit dem Unrechtsregime in Konflikt kamen und aus dem Polizeidienst entlassen wurden6, verstrickt sich die Polizei selbst tief in die Verbrechen der Machthaber7.

Das wirft Fragen nach der Kontinuität der Berufsverbände von Weimarer Republik, Drittem Reich und Bundesrepublik auf. Wie war die Übernahme der "gesamten Organisation" des demokratischen Schrader-Verbandes durch die Nazis möglich und welcher Vorgang genau verbirgt sich hinter dieser Formulierung?

Das letzte Dokument über polizeiliche Berufsverbände in Deutschland vor dem Faschismus ist die Urkunde über die Liquidation des Verbandes Preußischer Polizeibeamten vom 17.Mai 1935.8


1 Gniesmer S.14
2 Leßmann S.167, Liang S.80
3 Liang S.81
4 Gniesmer nennt in "Der Weg zur UISP" auf S. 6 den 13.09. als Datum der Verhaftung und gibt an, beide seien später ermordet worden. Klose widerspricht dem in E-Mails an den Autor vom 16.08.2004 und 26.08.2004.
5 Gniesmer: 65 Jahre Gewerkschaftsarbeit für die Polizei S.6; sowie Deutsche Polizei Nr.10/1975 S.8
6 Gniesmer: 65 Jahre Gewerkschaftsarbeit für die Polizei S.6
7 Ebenda, am ausführlichsten bisher aber Lichtenstein: Himmlers grüne Helfer. Die Schutz- und Ordnungspolizei im "Dritten Reich", Köln 1990
8 Foto bei Gniesmer S.8/9
   

Entstanden als Hausarbeit zum Hauptseminar: Die Polizei in Geschichte und Gegenwart
Leitung: Prof. Dr. Hans Boldt und Dr. Hans F. Lisken
Wintersemester 1991/92, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Urheberrecht: Achim Wagenknecht
http://achimwagenknecht.de
Zuletzt aktualisiert am
27.08.2004